Nach einer Studie des ECC Köln brechen fast 15 Prozent der Kunden den Bestellprozess in einem Onlineshop ab, weil das von ihnen präferierte Zahlungsmittel nicht zur Verfügung steht. Um das zu vermeiden, sollten Händler bei der Wahl der zur Verfügung gestellten Zahlarten zumindest die beliebtesten aufnehmen. Was ist aber mit dem potenziellen Kunden, der die Bestellung abgebrochen hat? Um diesen doch noch zum Kauf zu bewegen, versenden viele Shop-Betreiber „Warenkorberinnerungen“. Diese E-Mails dürften allerdings aus verschiedenen Gründen unzulässig sein.

 

Warenkorberinnerungen sind Werbe-Mails

Sog. „Bestellabbrecher-Mails“ sollen den Besucher, der zwar Artikel in den Warenkorb gelegt, diese letztendlich aber nicht bestellt hat, zurück in den Shop holen und ihn ermuntern, den Kauf doch noch abzuschließen. Zu diesem Zweck bieten einige Händler gerne Rabatte oder andere Vorteile an, um den Besucher als neuen Kunden zu gewinnen. Die versendete E-Mail hat folglich nur einen einzigen Zweck: eine Bestellung zu generieren.

Rechtlich gesprochen dient sie damit der Absatzförderung und stellt deshalb Werbung im Sinne des Gesetzes dar. Wer aber Werbe-Mails versenden will, braucht dafür die ausdrückliche Einwilligung des Empfängers. Fehlt diese, verstößt der Unternehmer nicht nur gegen das Datenschutzrecht, sondern handelt auch wettbewerbswidrig.

1) Unzulässigkeit aus datenschutzrechtlicher Sicht

Wer als Webseiten-Betreiber, z.B. als Online-Händler, Daten seiner Besucher erhebt, speichert und nutzt, braucht entweder deren ausdrückliche Einwilligung oder eine rechtliche Legitimation.

Einwilligung oder Vertragsschluss

Während des Bestellprozesses werden verschieden Angaben vom potenziellen Kunden abgefragt, z.B. der Name, die E-Mail-Adresse und die Anschrift, an die die Waren geliefert werden sollen. Da diese Daten der Kommunikation unter den Vertragsparteien, bzw. der Vertragsabwicklung (nämlich der Warenlieferung) dienen, dürfen sie laut Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) auch ohne Einwilligung des Kunden erhoben werden. Zumindest bis zu dem Moment in dem sich der Shop-Besucher entscheidet, den Bestellprozess nicht abzuschließen, sondern den Warenkorb „zurückzulassen“.

Löschungspflicht nach Kaufabbruch

Zu diesem Zeitpunkt steht fest, dass es nicht zu einer vertraglichen Beziehung zwischen Besucher und Shop-Betreiber kommen wird. Die gesetzliche Erlaubnis der Datenerhebung greift folglich nicht mehr, weshalb die Angaben zu löschen sind. Wer aber eine Warenkorberinnerung an den Abbrecher versendet, hat die Daten offensichtlich nicht gelöscht und handelt folglich rechtswidrig.

Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Bestellung von einem Kunden abgebrochen wurde, der ein Konto im Webshops angelegt hat. Zur Führung dieses Kundenkontos dürfen die Daten (nach entsprechender Einwilligung des Betroffenen bei der Registrierung) auch weiterhin gespeichert bleiben.

Warenkorberinnerungen sind kein „extra Service“

Das Argument, bei den versandten E-Mails handle es sich um einen besonderen Service, um zu vermeiden, dass der Kauf auf Grund eines Systemfehlers nicht durchgeführt wurde, greift nicht. Denn der potenzielle Kunde kann jederzeit erneut den Shop besuchen, um die Bestellung abzuschließen. Zunächst hat er sich aber bewusst dazu entschieden, eben nicht in geschäftliche Beziehungen mit dem Händler zu treten und möchte folglich sicher auch nicht von ihm kontaktiert werden.

2) Unzulässigkeit aus wettbewerbsrechtlicher Sicht

Da es sich bei Warenkorberinnerungen – wie oben dargestellt – um Werbe-Mails im Sinne des Gesetzes gegen den Unlauteren Wettbewerb (UWG) handelt, dürfen sie auch aus diesem Grund nur mit ausdrücklicher Einwilligung des Betroffenen versendet werden. Zwar gibt es auch hier Ausnahmen von der Regel, deren Voraussetzungen dürften aber nur in den seltensten Fällen vorliegen.

Keine Einwilligung bei Werbung für „eigene ähnliche Waren“

So darf ein Händler an Bestandskunden beispielsweise Werbung für eigene ähnliche Produkte versenden. Das heißt zu allererst, dass der Bestellabbrecher bereits Kunde des Verkäufers sein muss. War es der erste Besuch im Webshop, gilt die Ausnahme folglich nicht. Zusätzlich müsste der Warenkorb, an den der Unternehmer erinnert, Artikel enthalten, die denjenigen, die der Kunde zuvor bereits bestellt hatte, ähneln. Ob das der Fall ist, muss für jeden Einzelfall geprüft werden.

Hinweis auf Widerrufsmöglichkeit erforderlich

Bei der erstmaligen Erhebung und jeder weiteren Verwendung der Daten muss der Shop-Betreiber den Betroffenen darauf hinweisen, dass er der Datennutzung zu Werbezwecken – auch für eigene ähnliche Produkte – jederzeit widersprechen kann und die Widerspruchserklärung ihn nichts außer dem Basistarif kostet, egal welchen Kommunikationsweg er wählt. Hat der Betroffene der Nutzung bereits widersprochen, versteht es sich von selbst, dass Warenkorberinnerungen dann unzulässig sind.

Konsequenzen: Einwilligung oder Abmahnung

Wer „Bestellabbrecher-Mails“ an potenzielle Kunden versenden will, braucht dafür folglich (zumindest in den meisten Fällen) deren ausdrückliche Einwilligung. Diese kann etwa über ein Double-Opt-In-Verfahren eingeholt werden. Ein solches in den Bestellprozess einzubinden, dürfte das Shopping-Erlebnis aber erheblich stören und ist deshalb wohl nicht zu empfehlen. Vielversprechender könnte ein solches Vorgehen innerhalb der Registrierung im Webshop sein. Aber nicht immer ist eine solche für den Einkauf erforderlich. Entsprechende Händler werden dann wohl ganz auf die Versendung von Warenkorberinnerungen verzichten müssen.

Wer dennoch derartige E-Mails zu Marketingzwecken einsetzt, muss nicht nur mit staatlichen Sanktionen wie Bußgeldern rechnen, sondern vor allem mit Abmahnungen.

Derzeit mahnt die Wettbewerbszentrale verstärkt Weinhändler ab, die Warenkorberinnerungen versenden. Aber auch der Empfänger derartiger E-Mails kann gegen den Händler vorgehen. Und das nicht nur im B2C- , sondern auch im B2B-Bereich. Denn auch der Versand von Werbe-Mails an andere Unternehmer bedarf der ausdrücklichen Einwilligung. Nicht zuletzt haben natürlich auch Mitbewerber die Möglichkeit, wettbewerbsrechtliche Abmahnungen zu versenden.

Problem des Double-Opt-In-Verfahrens

Aber auch wer das Double-Opt-In-Verfahren nutz, um sich die Einwilligung seiner (potenziellen) Kunden einzuholen, ist nicht vor Abmahnungen gefeit. Verstärkt kommt es zu gerichtlichen Entscheidungen bzgl. Bestätigungs-E-Mails.

Bestätigungs-Mail als unzulässige Werbung?

Während zuletzt das Amtsgericht (AG) Berlin Pankow/Weißensee explizit nicht mit der Bestätigungs-Mail im Rahmen des Double-Opt-In-Verfahrens, sondern mit einer Registrierungsbestätigung zur Eröffnung eines Kundenkontos zu tun hatte, hatte das Oberlandesgericht (OLG) München die Double-Opt-In-Bestätigungs-Mail als unzulässige Werbung angesehen. Dem widersprachen allerdings sowohl das OLG Celle, als auch das OLG Frankfurt.

Bestätigungs-Mail muss werbefrei sein

Um Abmahnungen zu vermeiden, sollten Händler darauf achten, dass die E-Mail, über die der Empfänger seine Einwilligung in die Datennutzung (durch Anklicken eines Links) bestätigt, so neutral wie möglich gehalten ist und keine werblichen Elemente enthält. Eine entsprechende Mail könnte etwa wie folgt formuliert werden:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

Ihre E-Mail-Adresse wurde soeben zum Zwecke der Eröffnung eines Kundenkontos in unserem Webshop hinterlegt. Um die Registrierung abzuschließen und das Kundenkonto zu erstellen, betätigen Sie bitte den folgenden Link: >Link<

Sollten Ihre Daten fälschlicherweise oder sogar missbräuchlich eingegeben worden sein, Sie an einer Registrierung also kein Interesse haben, betrachten Sie diese Mitteilung als gegenstandslos. Ein Kundenkonto wird ohne Ihre Bestätigung nicht angelegt. Handlungsbedarf Ihrerseits besteht daher nicht.

Mit freundlichen Grüßen“

Bevor diese Formulierung aber als abmahnsicher eingestuft werden kann, muss sie erst einer gerichtlichen Überprüfung standhalten.

Online-Händler haben es also auch weiterhin schwer.