Im täglichen Geschäftsbetrieb passieren immer wieder größere und kleinere Fehler. Manchmal können diese jedoch dramatische Konsequenzen haben. So etwa der Fehler eines Datenexportmoduls im ebay-Shop von notebooksbilliger.de im Dezember 2014. Haushaltsgeräte, Laptops und die neuesten Smartphones gab es dort kurzzeitig für 5,99 Euro. Müssen Waren in einem solchen Fall geliefert werden? Nein sagt aktuell das OLG Düsseldorf.

 

Ein Horrorszenario, von dem Online-Händler hoffen, dass es sie nie ereilen wird: Im Webshop werden auf Grund eines Eingabe- oder Systemfehlers falsche und zwar viel zu niedrige Preise ausgewiesen. Die Kunden bestellen in Mengen die vermeintlichen „Schnäppchen“. Wenn es sich dabei auch noch um einen bekannten Online-Shop wie notebooksbilliger.de handelt und sich der Hinweis zu der Preispanne in den sozialen Netzwerken und Medien verbreitet wie ein Lauffeuer, kann schon mal der ganze Laden „leer gekauft“ sein, bevor der Fehler korrigiert ist.

OLG Düsseldorf: Händler müssen nicht liefern

Sind Betroffene Händler in derartigen Fällen aber verpflichtet, die Verträge zu erfüllen, die bestellten Waren also zu dem falschen Preis zu liefern? Dazu hat jüngst das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf eine Entscheidung getroffen (Urteil vom 19.05.2016; AZ: I-16 U 72/15). Klare Antwort: Nein!

Vorsicht bei automatischen Auftragsbestätigungen!

Der Fall betraf einen Anbieter von Generatoren. Die in Rede stehenden Modelle waren auf dem Markt zu einem Preis von 3.300,- bis 4.500,- Euro zu haben. Im Webshop des Händlers wurden sie kurzzeitig für 24,- Euro pro Stück angeboten. Der Kläger bestellte – in Kenntnis dessen, dass es sich nur um einen Fehler bei der Preisauszeichnung handeln kann – 10 Generatoren zu einem Gesamtpreis von 285,60 Euro. Er erhielt in unmittelbarem Anschluss eine „Auftragsbestätigung“ des Verkäufers, in der sich unter anderem der Hinweis fand

„Vielen Dank für Ihren Auftrag. Wir werden Ihre Bestellung umgehend bearbeiten.“

Auf Grund der Überschrift und ihres Inhalts stuften die Richter diese E-Mail nicht nur als bloße Eingangsbestätigung, sondern bereits als Annahmeerklärung ein. Ein Kaufvertrag war also zustande gekommen.

Anfechtung durch Stornierung?

Am darauf folgenden Tag erhielt der Kläger eine weitere E-Mail des Händlers, in der dieser den Auftrag wegen einer „Systemstörung“ stornierte. Da der Kläger auf der Lieferung der Generatoren zum genannten Preis bestand, der Verkäufer dies jedoch verweigerte landete der Fall vor Gericht. Bereits die Vorinstanz wies die Klage auf Lieferung ab, begründete die Entscheidung jedoch noch damit, dass der Händler den Vertrag durch die Stornierungs-E-Mail wirksam angefochten habe.

Wann ist eine Anfechtung wirksam?

Auch das OLG verneinte in zweiter Instanz einen Anspruch auf Vertragserfüllung. Allerdings nicht auf Grund wirksamer Anfechtung. Die Voraussetzungen sah es dafür nicht als gegeben an.

Zwar sei die Stornierungs-E-Mail eindeutig als Anfechtungserklärung anzusehen. Es fehlt jedoch am Anfechtungsgrund. Die Beklagte hat im Prozess lediglich „vage“ dargetan, dass die falsche Preisauszeichnung auf eine „fehlerhafte Online-Angabe“ bzw. einen „elektronischen Eingabefehler“ zurückzuführen ist. Offen Blieb jedoch, wie genau die falsche Anzeige zustande gekommen ist. Deshalb konnte nicht geklärt werden, ob es sich um einen zur Anfechtung berechtigenden Erklärungsirrtum handelt oder um einen unbeachtlichen Kalkulationsirrtum.

Wer auf Lieferung beharrt, handelt rechtsmissbräuchlich!

Allerdings entschieden die Düsseldorfer Richter, dass sich der Kläger wegen der Grundsätze von Treu und Glauben nicht auf seinen Lieferanspruch berufen kann. Denn wer die fehlerhafte Preisangabe positiv erkennt, handelt rechtsmissbräuchlich, wenn er auf eine Vertragsdurchführung besteht, die für den Vertragspartner schlechthin unzumutbar ist.

Dem Käufer war unstreitig bekannt, dass ein Anzeigefehler vorlag. Die Beklagte auf der anderen Seite hätte die in Rede stehenden Generatoren zu einem Preis von weniger als 1% des Marktwertes abgeben müssen. Das ist für diese wirtschaftlich nicht zu tragen und deshalb unzumutbar.

Check-Liste: Was können betroffene Shop-Betreiber bei Preispannen tun?

1) Schnell reagieren!

Fehler beim Betrieb eines Webshops können immer wieder auftreten. Kommt es zur Anzeige falscher Preise, sollte der Händler vor allem schnell reagieren.

2) Fehler ermitteln

Der Fehler sollte unverzüglich ermittelt und beseitigt und der Shop auf weitere Pannen hin überprüft werden. Zudem sollte untersucht werden, wie es zur fehlerhaften Anzeige kommen konnte. Liegt also ein technischer Systemfehler vor oder hat der zuständige Mitarbeiter Daten falsch eingegeben?

3) Check, ob bereits Verträge zustande gekommen sind

Sodann muss geprüft werden, ob bereits Bestellungen der entsprechenden Artikel zum falschen Preis erfolgt sind. Ist das der Fall, ist zu klären, ob diesbezüglich auch eine Vertragsannahme erklärt wurde, etwa durch automatisch versandte E-Mails. Versendet das Shopsystem lediglich „Bestelleingangsbestätigungen“ oder bereits Annahmeerklärungen?

4) Unverzügliche Anfechtung bereits geschlossener Verträge

Ist der Vertrag wirksam zustande gekommen, muss unverzüglich die Anfechtung erklärt werden. Zwar muss eine entsprechende E-Mail nicht das Wort „Anfechtung“ enthalten, es muss aber deutlich werden, dass der Händler nicht länger am Vertrag festhalten möchte und warum.

Im Hinblick auf die Entscheidung des OLG Düsseldorf sollte bereits konkret gesagt werden, dass und wie es zu dem Anzeigefehler kam. Ob der verantwortliche Fehler dann als zulässiger Anfechtungsgrund eingestuft wird, hängt vom Einzelfall ab.

5) Ist Anfechtung voraussichtlich nicht möglich, Beweissicherung!

Liegt kein Anfechtungsgrund vor, ist der betroffene Shop-Betreiber dennoch nicht unbedingt zur Lieferung verpflichtet. Kann er nachweisen, dass der Käufer den Fehler bei der Preisangabe erkannt hat und ist dem Händler die Durchführung des Vertrages schlechthin unzumutbar, kann sich der Kunde wegen der Grundsätze von Treu und Glauben nicht auf seinen Lieferanspruch berufen.

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Fazit

Fehler können passieren. Wichtig ist, dann schnell und richtig zu reagieren. Nicht immer sind Shop-Betreiber zur Lieferung von preislich falsch ausgewiesenen Artikeln verpflichtet, wie nun das OLG Düsseldorf bestätigte. Kunden, die auf die Lieferung bestehen, obwohl sie wissen, dass es sich um eine Preispanne handelt, müssen sich den Vorwurf des Rechtsmissbrauchs gefallen lassen.