Verbrauchern steht nicht nur beim Warenkauf über das Internet ein gesetzliches Widerrufsrecht zu, sondern auch beim Online-Erwerb von Dienstleistungen. Während Waren bei Nichtgefallen einfach an den Verkäufer zurückgesendet werden können, gilt das nicht für Dienstleistungen, z.B. Beratungsleistungen oder einen Haarschnitt. Daher entfällt das Recht zum Widerruf von Dienstleistungsverträgen unter bestimmen Bedingungen noch vor Ablauf der vereinbarten Widerrufsfrist. Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, hat aktuell das AG Neumarkt konkretisiert.

 

Der Fall betraf einen Kunden, der mit einem Unternehmen einen Partnervermittlungsvertrag geschlossen hat. Obwohl der Vertragsschluss nicht online erfolgte, ist die Entscheidung auch für Webshop-Betreiber interessant. Die Vertragsparteien trafen sich in einem Café und somit „außerhalb der Geschäftsräume“ des Unternehmers. Die Rechte des Verbrauchers sind bei Fernabsatz- und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen aber vielfach gleich.

Was war passiert: Unzufrieden mit der Partnervermittlung

Der Kunde beauftragte die Partnervermittlung damit, für ihn geeignete Kandidatinnen zu finden und entsprechende Partnervorschläge an ihn zu übermitteln. In seinen Vertragsbedingungen verwendete das Unternehmen eine Auswahlmöglichkeit zwischen folgenden Optionen:

  • „Ich möchte die Partnerempfehlungen erst nach Ablauf der Widerrufsfrist von 14 Tagen erhalten.“
  • „Ich möchte die Partnerempfehlungen sofort erhalten. Bei der vollständigen Vertragserfüllung durch die Firma (…) vor Ablauf der Widerrufsfrist von 14 Tagen verliere ich mein Widerrufsrecht.“

Der Kunde kreuzte die letztgenannte Variante an, unterschrieb den Vertrag und zahlte den vereinbarten Geldbetrag.

Nachdem er die Partnerempfehlungen erhalten hatte, widerrief er den Vertrag, weil die Kandidatinnen nicht seinen Vorstellungen entsprachen. Er forderte die Rückzahlung des Kaufpreises, was die Partnervermittlung verweigerte.

Die Entscheidung

Zu Recht, wie das Amtsgericht (AG) Neumarkt in der Oberpfalz mit Urteil vom 09.04.2015 (AZ: 1 C 28/15) entschied. Nach Ansicht der Richter war das Widerrufsrecht des klagenden Kunden nach Übermittlung der Partnervorschläge entfallen. Denn dadurch hatte die Partnervermittlung ihre Vertragsleistung vollständig erbracht. Da es auch keinen anderen Grund für die Rückzahlung gab, durfte das Unternehmen das Geld behalten.

Ausdrückliche Aufforderung und Bestätigung lag vor

Die Voraussetzungen für den Wegfall des Widerrufsrechts sah das Gericht als gegeben an. Der Kläger hatte durch Ankreuzen der entsprechenden Variante und separate Unterschrift die Beklagte ausdrücklich aufgefordert, noch vor Ablauf der 14tägigen Widerrufsfrist die Partnervorschläge zu liefern. Dass er bei vollständiger Leistungserbringung sein Widerrufsrecht verliert, bestätigte er ebenfalls.

Verzicht auf Widerrufsrecht auch über AGB wirksam

Diese Erklärung des Kunden war auch wirksam, obwohl sie im Rahmen der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Partnervermittlung erfolgte. Nach Ansicht der Richter ist ein solches Vorgehen gesetzlich nicht verboten. Vielmehr gibt es kaum „praktikable, alltagstaugliche und zugleich rechtssichere“ Alternativen. Entscheidend ist allein, dass die Erklärung „ausdrücklich“ erfolgt. Das war hier der Fall, da der Kläger durch Ankreuzen nicht nur aktiv eine Auswahl zwischen zwei Alternativen getroffen, sondern diese durch seine gesonderte Unterschrift auch bestätigt hat.

Was heißt das für den Online-Handel?

Auch wenn das Urteil einen „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Vertrag“ betraf, dürfte die Entscheidung auf den Online-Handel übertragbar sein. Denn die zugrundeliegende Norm (§356 Abs. 4 BGB) gilt auch für den Fernabsatz. Für Webshop-Betreiber, die Dienstleistungen anbieten, heißt das, dass sie die entsprechende Erklärung ebenfalls über ihre AGB einholen können. Allerdings darf die Zustimmung des Verbrauchers nicht stillschweigend oder konkludent erfolgen.

Widerrufsverzicht kann auch im Online-Handel über AGB eingeholt werden

Klauseln, die ein Einverständnis mit der Leistungserbringung noch vor Ablauf der Widerrufsfrist, unterstellen – sofern der Verbraucher nicht widerspricht – lassen das Widerrufsrecht nicht entfallen. Der Kunde muss sich vielmehr aktiv dafür entscheiden und seine Kenntnis von den daraus folgenden Konsequenzen bestätigen. Die Umsetzung dürfte im Webshop allerdings um einiges schwieriger sein, als offline, wo sich die Vertragsparteien gegenüberstehen.

Zustimmung über Checkbox?

Zu denken wäre z.B. an eine Checkbox, in der der Käufer die gewünschte Alternative ankreuzt (Opt-In). Eine Vorauswahl des Unternehmers (Opt-Out) dürfte unzulässig sein. Da das AG Neumarkt die vorgelegten Formulierungen für zulässig eingestuft hat, sollten diese auch im Online-Handel verwendet werden können:

  • „Ich möchte die … [Dienstleistung] erst nach Ablauf der Widerrufsfrist von … [z.B. 14 Tagen] erhalten.“
  • „Ich möchte die … [Dienstleistung] sofort erhalten. Bei vollständiger Vertragserfüllung durch … [den Unternehmer] vor Ablauf der Widerrufsfrist von … [z.B. 14 Tagen] verliere ich mein Widerrufsrecht.“

Sowohl für die Verwendung einer Checkbox als auch die Formulierung besteht aber solange ein Abmahnrisiko bis es zu einem bestätigenden Urteil gekommen ist.