Seit dem 13.6.2014 sind die neuen Verbraucherschutzregelungen in Kraft. Kunden von Protected Shops konnten ohne größere Probleme die neuen Texte übernehmen und sich dadurch vor Abmahnungen schützen. Mittlerweile sind einige Wochen seit der Rechtsänderung vergangen. Dennoch haben immer noch nicht alle Shop-Betreiber ihre Web-Seiten aktualisiert. Für die Abmahnindustrie sind sie ein gefundenes Fressen. Nicht nur können fehlerhafte oder fehlende Pflichtinformationen leicht über eine Internetsuche gefunden werden, auch haben es Anwälte leicht, ihre Abmahnung zu begründen. Denn wer die neuen gesetzlichen Vorgaben nicht einhält, handelt rechtswidrig. Die ersten anwaltlichen Schriftsätze sind bereits zugestellt.

 

Update 18.2.2015:

Und wieder sind Abmahnungen wegen (angeblich veralteter) Widerrufsbelehrungen im Umlauf, die möglicherweise rechtsmissbräuchlich ergehen.

Abmahnungen durch die Bonodo UG

Wir wurden auf Abmahnungen durch die Bonodo UG (haftungsbeschränkt) aufmerksam gemacht, die derzeit eBay-Händler anschreibt und sie auffordert, die Bereitstellung eine veralteten Widerrufsbelehrung zu unterlassen. Dafür wird ihnen eine Frist von 72 Stunden gesetzt.

Wettbewerbsverstoß?

Das alleine ist schon ungewöhnlich, da überhaupt nicht klar ist, wann diese Frist ausläuft. Gilt sie etwa ab Erhalt des Schreibens (was nur schwer nachweisbar sein wird) oder ab Absendung? Daneben sind die beanstandeten eBay-Angebot des uns vorliegenden Falls bereits abgelaufen, ein Kauf also gar nicht mehr möglich. Warum sollte dann aber eine Widerrufsbelehrung erforderlich sein, die den aktuellen rechtlichen Vorgaben entspricht?

Wettbewerbsverhältnis?

In dem Schreiben behauptet die Bonodo UG zwar, selbst Waren über eBay zu verkaufen, war dort allerdings nicht zu finden. Das würde aber bedeuten, dass sie nicht im Wettbewerb zu den Abgemahnten stünde und deshalb auch nicht abmahnberechtigt wäre.

Rechtsmissbrauch?

Auffällig ist außerdem, dass sie keine Abgabe einer Unterlassungserklärung vom Empfänger des Schreibens verlangt, sofern dieser den geforderten Betrag in Höhe von 87,60 € zahlt. Über eine (ernst gemeinte) Abmahnung soll aber gerade erreicht werden, dass der Abgemahnte den gerügten Verstoß künftig unterlässt und nicht erneut begeht. Das kann aber nur über eine entsprechende Unterlassungserklärung erreicht werden, die darüber hinaus auch strafbewehrt sein muss. Die Ernsthaftigkeit der Abmahnung kann also durchaus angezweifelt werden.

Was sollten Sie (nicht) tun?

Die genannten Punkte deuten darauf hin, dass die Abmahnung allein den Zweck verfolgt, den genannten Betrag einzustreichen, was wohl als rechtsmissbräuchlich einzustufen ist.

Wir raten daher dringend davon ab, den Betrag voreilig zu zahlen!

Schalten Sie selbst einen Anwalt ein, der in diesem Bereich spezialisiert ist und lassen Sie sich beraten.

Stand der Dinge

Wie bereits von mehreren Seiten berichtet, sind die ersten Abmahnungen im Zusammenhang mit der Verbraucherrechte-Richtlinie, die am 13.6.2014 in Deutschland umgesetzt wurde, mittlerweile in der Welt und Anwälten zur Begutachtung vorgelegt. Wie die Erfolgsaussichten einzuschätzen sind, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Erforderlich ist zum einen, dass der Abmahnende und der abgemahnte Händler in Wettbewerb zueinander stehen, sie also vergleichbare Waren über denselben Vertriebsweg (z.B. das Internet) anbieten. Zum anderen muss die Abmahnung auch berechtigt sein. Der vorgeworfene Verstoß muss tatsächlich vorliegen, der Abgemahnte sich also rechtswidrig verhalten. Zusätzlich darf die Abmahnung aber nicht missbräuchlich sein. Das kann aber vermutet werden, wenn sie am Tag des Inkrafttretens eines Gesetzes ohne Übergangsfrist ausgesprochen wird.

Aktuelle Abmahnungen

Besonders intensiv diskutiert werden die Abmahnungen durch die Eboxu UG, die CODE.AG GmbH und die Werfo Ltd. Alle drei haben sehr schnell nach Inkrafttreten der neuen Verbraucherschutzvorschriften Anwälte mit der Wahrnehmung ihrer Interessen betraut und Abmahnungen verschicken lassen. Auch Kunden von Protected Shops sind davon betroffen.

Abmahnung durch die Werfo Ltd

Die Abmahnung der Werfo Ltd, die an uns weitergeleitet wurde, ist auf den 15.6.2014 datiert. Sie wurde also 2 Tage nach Inkrafttreten des neuen Verbraucherrechts – übrigens an einem Sonntag – erstellt. Abgemahnt wurde ein Online-Händler, der unter anderem keltischen Schmuck verkauft. Nach eigener Auskunft vertreibt die Werfo Ltd „Waren und Dienstleistungen im Wege des Fernabsatzes, unter anderem auch über das Internet“. Was genau sie anbietet, wird nicht weiter konkretisiert. Damit ist schon ein Wettbewerbsverhältnis zwischen ihr und dem Abgemahnten zweifelhaft. Hinzu kommt, dass das Handelsregister des Vereinigten Königreichs („Companies House“) die Werfo Ltd als „dissolved“, also aufgelöst angibt. Eine nicht länger existierende Firma kann in keinem Wettbewerbsverhältnis mehr zu einem anderen Unternehmen stehen. Schon aus diesem Grund dürfte die Abmahnung als rechtsmissbräuchlich einzustufen sein.

Hinzu kommt, dass die Abmahnung zwei Tage nach Inkrafttreten eines neuen Gesetzes erfolgt ist, das keine Übergangsregelung enthält. Trotz Fehlen einer solchen Umsetzungsfrist muss Unternehmern zumindest die Möglichkeit gegeben werden, ihren Online-Shop entsprechen anzupassen. Denn eine Umstellung „auf Knopfdruck“ ist nicht immer möglich. Erfolgt eine Abmahnung derart früh nach Inkrafttreten, ist das ein starkes Indiz für rechtsmissbräuchliches Verhalten. Zumindest stehen die Chancen gut, dass diese Argumentation einen Richter überzeugt.

Abmahnung durch die CODE.AG GmbH

Die Abmahnung der CODE.AG GmbH erfolgte immerhin erst am Montag nach Inkrafttreten der neuen Regelungen, nämlich am 16.6.2014. Dennoch ist auch hier das Indiz des Rechtsmissbrauchs – wegen frühzeitig erfolgter Abmahnung – noch sehr stark.

Ebenfalls interessant dürfte auch hier die Frage nach dem Bestehen eines Wettbewerbsverhältnisses sein. Denn laut Handelsregistereintrag ist der Gegenstand des Unternehmens die Erbringung von EDV-Dienstleistungen und EDV-Beratungen aller Art. Damit steht es allerdings nicht im Wettbewerb mit Händlern, die Waren (im konkreten Fall Weine) über das Internet verkaufen. Nach weiteren Recherchen stellte sich jedoch heraus, dass von dem Unternehmen auch mindestens zwei Online-Shops betrieben werden, „bluconnect.de“ und „wein-in-franken.de“.

Das Angebot auf „bluconnect.de“ ist recht begrenzt. Dort werden insgesamt lediglich 11 Artikel angeboten, von denen mittlerweile alle „vergriffen“ sind. Das ist allerdings bemerkenswert, denn die Preise konnten nicht gerade als „handelsüblich“ bezeichnet werden. So wurde für ein einzelnes Nimm 2 Bonbon immerhin der stolze Preis von 49,99 € verlangt. Auch die Aufmachung der Seite erweckt den Eindruck, dass der Webshop auf die Schnelle aufgebaut und online gestellt wurde. Welcher Zweck damit verfolgt wurde, kann nur vermutet werden.

Die Preise auf „wein-in-franken.de“ können hingegen – zumindest auf den ersten Blick – als üblich bezeichnet werden. Das Argument, dass mit der Web-Seite ein Wettbewerbsverhältnis lediglich vorgetäuscht werden soll, wird hier wohl nicht möglich sein.

Inhaltlich kann die Abmahnung ebenfalls nicht überzeugen. So wird pauschal vor allem die Verwendung einer „veralteten Widerrufsbelehrung“ bemängelt. Ohne konkreten Vorwurf wird das jedoch vor Gericht nicht reichen. Auch die Kritik, dass der Abgemahnte seine Kunden darüber informiert, dass für die Ausübung des Widerrufsrechts die Rücksendung der Ware genügt, dürfte für sich genommen ebenso wenig Erfolg haben.

Zwar schreibt der Gesetzgeber vor, dass der Verbraucher sein Widerrufsrecht „ausdrücklich zu erklären hat“. Von dieser Vorgabe können Unternehmer zu Gunsten ihrer Kunden aber abweichen. Vertraglich können sie also auch weiterhin die kommentarlose Warenrücksendung als Widerrufserklärung akzeptieren. Dann wären sie aber gezwungen, den Verbraucher entsprechend zu informieren (eben innerhalb der Widerrufsbelehrung). Die beanstandete Formulierung ist daher nur dann rechtswidrig, wenn der Unternehmer die bloße Warenrücksendung gerade nicht als Widerrufserklärung akzeptiert. Das wir vom Anwalt der CODE.AG allerdings nicht behauptet.

Abmahnung durch die Eboxu UG

Eine der ersten Abmahnungen kam von der Eboxu UG (haftungsbeschränkt), die die anwaltlichen Schreiben bereits am 14.6.2014 verschickte, also einen Tag nach Inkrafttreten der Rechtsänderung. Auffällig sind in diesem Fall der Gründungstag des Unternehmens, nämlich der 5.6.2014 (eine Woche vor Umsetzung der Verbraucherrechte-Richtlinie in Deutschland) und dessen Geschäftszweck. Dieser wird mit „Vertrieb von Waren aller Art“ angegeben. Im Anschluss daran wird dann ein derart breites Warenspektrum aufgelistet, dass ein Wettbewerbsverhältnis mit Händlern in nahezu jedem Bereich möglich ist.

Inhaltlich kann die Abmahnung kaum nachvollzogen werden. Der beauftragte Anwalt wirft dem abgemahnten Händler den Verstoß gegen die Verbraucherrecht-Richtlinie, insb. gegen Kapitel III Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe i) vor. Die Regelung besagt, dass Händler ihre Kunden darüber informieren müssen, dass diese im Widerrufsfall die Rücksendekosten zu tragen haben (sofern der Unternehmer sich nicht selbst zur Kostentragung bereit erklärt hat) und, dass bei nicht-paketversandfähigen Waren, die konkrete Kostenhöhe anzugeben ist.

Diese Abmahnung kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weil sich die Pflichten für Händler nicht aus einer europäischen Richtlinie ergeben, sondern aus dem entsprechenden Umsetzungsgesetz, das durch den jeweiligen Mitgliedsstaat erlassen wird (in Deutschland ist ebendieses am 13.6.2014 in Kraft getreten). Daneben muss in einer Abmahnung ein konkreter Verstoß gegen wettbewerbsrechtlich relevante Normen (z.B. Verbraucherschutznormen) gerügt und mit Beweisen belegt werden. Eine bloße allgemeine Anschuldigung, wie sie hier formuliert ist, reicht nicht aus.

Wie sich die Abmahnenden die Umsetzung der von Ihnen vorformulierten Unterlassungserklärung vorgestellt haben, ist ebenfalls unklar. Denn sie fordern den Abgemahnten auf, „es zu unterlassen, Produkte in der Bundrepublik Deutschland in den Verkehr zu bringen, welche gegen die Richtlinie 2011/83/EU … verstoßen“. Wie schon gesagt, müssen sich deutsche Online-Händler nicht an die europäische Richtlinie, sondern das entsprechende deutsche Umsetzungsgesetz halten. Hinzu kommt, dass die Verbraucherrechte-Richtlinie (RL 2011/83/EU) überhaupt keine produktbezogenen Vorgaben macht. Sie legt vielmehr Verhaltens- und Informationspflichten fest. Produkte können gegen diese Regelungen also gar nicht verstoßen. Schwierig wird es auch, der Aufforderung nachzukommen, „der Eboxu UG die durch die Einschaltung des Rechtsanwalts Wilfried Jaenecke…entstandenen Kosten zu erstatten“. Diese werden nämlich an keiner Stelle beziffert.

Aus den genannten Gründen ist es daher nicht verwunderlich, dass die Eboxu UG zumindest in einem Fall bereits einen „Rückzieher“ gemacht hat. Das berichtet die den Abgemahnten vertretende Anwältin in ihrem Blog. Allerdings will die Eboxu UG auf die geltend gemachten Rechte nur dann verzichten, wenn im Gegenzug der Abgemahnte auf die von ihm geltend gemachten Forderungen (Schadenersatz in Höhe der durch die Verteidigung angefallenen Rechtsanwaltsgebühren, Erhebung der negativen Feststellungsklage) verzichtet. Wir dürfen gespannt sein, wie sich das Verfahren weiter entwickelt.

Weitere Abmahnungen

Neben diesen bereits heiß diskutierten Fällen, erreichen uns aber auch immer mehr Abmahnungen, die von Einzelhändlern oder Organisationen (zum Schutz eines lauteren Wettbewerbs) ausgesprochen werden. Diese sind erst deutlich nach dem Tag des Inkrafttretens der neuen Regelungen versendet worden. Die Abgemahnten hatten also bereits ausreichend Möglichkeiten, die neuen Regelungen in ihrem Web-Shop umzusetzen. Je mehr Zeit nach der Rechtsänderung vergeht, desto unsicherer wird eine Verteidigung mit dem Argument des Rechtsmissbrauchs wegen frühzeitiger Abmahnung. Daneben wird auch die Gefahr immer größer, dass Händler, die die neuen Vorgaben noch nicht einhalten, von Konkurrenten entdeckt werden. Denn eine entsprechende Suche – beispielsweise nach falschen oder fehlenden Widerrufsbelehrungen – ist gerade im Internet besonders leicht.

Das sollten Betroffene beachten

Abmahnungen sind unangenehm, denn niemand bekommt gerne Post vom Rechtsanwalt. Zudem enthalten sie in den meisten Fällen Kostenrechnungen über einen dreistelligen Eurobetrag, der innerhalb weniger Tage bezahlt werden soll. Die größte Verunsicherung verursacht jedoch die vorformulierte Unterlassungserklärung. Diese soll vom Abgemahnten unterschrieben und zurückgesendet werden, um die Einleitung eines Gerichtsprozesses zu vermeiden.

Betroffene sollten jedoch weder die Unterlassungserklärung ungeprüft unterzeichnen, noch das Geld überweisen. Denn nicht jede Abmahnung ist berechtigt. Vielfach wird die Drohung mit einem Prozess gar nicht in die Tat umgesetzt oder die Klage wird vom Richter abgewiesen. Gerade bei neuen Gesetzen stehen die Chancen gut, dass der Abgemahnte weder zur Zahlung, noch zur Unterlassung gerichtlich verpflichtet wird.

Trotzdem sollten Abmahnungen auch nicht einfach ignoriert werden. Suchen Sie sich rechtlichen Beistand und lassen Sie den Vorwurf anwaltlich prüfen. Die Kosten dafür können Sie vom Abmahnenden ersetzt verlangen, sollte sich die Abmahnung als unberechtigt erweisen.

In jeden Fall sollten schleunigst die neuen gesetzlichen Vorgaben im eigenen Webshop umgesetzt werden. Wer sich darum nicht selber kümmern will, kann das Angebot der Protected Shops GmbH nutzen. Wir erstellen Ihre persönlichen Rechtstexte zu günstigen Preisen.