Das Landgericht Koblenz entschied im August letzten Jahres (2007), dass der Vertrieb von Tabakwaren (und Alkohol) über das Internet keinen jugendschutzrechtlichen Beschränkungen unterliegt. Insbesondere sei § 10 JuSchG nicht anwendbar.

 

Worum ging es?

Die Antragstellerin ist Tabakwarengroßhändler, der Antragsgegner vertreibt unter anderem über das Internet Tabakwaren. Mit ihrem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung begehrte die Antragstellerin, dem Antragsgegner zu untersagen, über das Internet Tabakwaren an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren abzugeben. Sie war der Ansicht, der Antragsgegner verstoße mit der unkontrollierten Abgabe an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren gegen die Bestimmungen des Jugendschutzgesetzes.
Beschluss des Landgericht Koblenz

Das Landgericht Koblenz entschied (Beschluss vom 13.8.2007, Az.: 4 HK.O 120/07) dagegen, dass der Antrag unbegründet ist. So habe die Antragstellerin keinen Anspruch auf die begehrte Untersagungsanordnung, da die Voraussetzungen für einen Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 UWG nicht vorlägen.

So erfülle der Antragsgegner mit seinem Internetangebot nicht den – hier allein in Betracht kommenden – Rechtsbruchtatbestand der §§ 3, 4 Nr. 11 UWG. Zwar könnten Verstöße gegen Bestimmungen des Jugendschutzrechts, das jugendliche Verbraucher vor jugendgefährdenden Waren und Leistungen bewahren soll, grundsätzlich wettbewerbswidrig sein und den Unterlassungsanspruch eines Wettbewerbers rechtfertigen. Hinsichtlich des Verhaltens des Antragsgegners sei jedoch ein Verstoß gegen die Jugendschutzbestimmungen, insbesondere § 10 JuSchG, der das Anbieten und die Abgabe von Tabakwaren an Jugendliche unter 16 Jahren und Kinder regelt, nicht festzustellen.

Das Landgericht Berlin führte hierzu aus:

„(…)Das Angebot und der Vertrieb der Tabakwaren über das Internet ist als Fernabsatz bzw. Versandhandel zu qualifizieren. Ein Verstoß gegen Jugendschutzbestimmungen läge nur dann vor, wenn besondere Überprüfungen durch den Verkäufer und womöglich den Einsatz von Altersverifikationssystemen gesetzlich verlangt würden. Dies ist aber nicht der Fall.

Die für den Tabakwarenvertrieb einschlägige Norm des § 10 JuSchG enthält Regelungen zur Abgabe von Tabakwaren in Gaststätten sowie sonst in der Öffentlichkeit und zum Automatenverkauf. Entsprechendes gilt für den Alkoholverkauf (§ 9 JuSchG). Im Gegensatz hierzu wird beim Vertrieb von Trägermedien ausdrücklich auf den Versandhandel, der in § 1 Abs. 4 JuSchG legaldefiniert ist, rekurriert und es werden entsprechende Anforderungen festgelegt (§§ 12 Abs. 3 Nr. 2; 15 Abs. 1 Nr. 3 JuSchG).

Die Kammer vermag sich der Auffassung der Antragstellerin, der Versandhandel werde vom Verbot der Abgabe „sonst in der Öffentlichkeit“ erfasst, nicht anzuschließen. Der Gesetzeswortlaut beinhaltet ein solches Verbot nicht. Eine analoge Anwendung des Gesetzes auf den Versandhandel kommt nicht in Betracht. Eine solche setzt eine planwidrige Lücke voraus, die indes nach Auffassung der Kammer nicht vorliegt. Wenn der Gesetzgeber es beim Vertrieb von Tabakwaren ausdrücklich vermeidet, – Gegensatz zum Vertrieb von Trägermedien – eigens definierte Begrifflichkeiten zum Verbot einer bestimmten Absatzart zu verwenden, lässt sich hieraus schließen, dass ein solches Verbot nicht existieren soll. Der Fernabsatz von Tabakwaren ist daher – bis zu einer entgegenstehenden entsprechenden gesetzlichen Regelung – auch ohne die von § 1 Abs. 4 JuSchG geforderten technischen Vorkehrungen (Altersverifikationssysteme) zulässig.”
Fazit

§ 10 I JuSchG untersagt die Abgabe von Tabakwaren „in Gaststätten, Verkaufsstellen oder sonst in der Öffentlichkeit”. Das Landgericht Koblenz stellte dabei klar, dass damit nicht der Versandhandel gemeint sein könne. Aus dem Grund sei es eben auch nicht zwingend erforderlich, vor jeder Bestellung von Tabak eine wirksame Altersverifikation durchzuführen. Entsprechendes gelte für den Verkauf von Alkohol (§ 9 JuSchG).