„Stärkt die Abwehrkräfte“, „Fördert die Verdauung“, „Senkt den Cholesterinspiegel“,… Produkte mit Gesundheitsversprechen verkaufen sich gut – bei der Anwendung solcher Versprechen ist allerdings Vorsicht geboten.

Online-Händler, die Nahrungs- und Nahrungsergänzungsmittel vertreiben und mit nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben werben möchten, müssen beachten, dass die Gesundheitsversprechen (sog. Health Claims) strengen rechtlichen Anforderungen unterliegen.Die EU hat bereits im Jahr 2006 die Health Claims Verordnung (HCVO) erlassen, die die Zulässigkeit von gesundheits- und nährwertbezogenen Aussagen bei Lebensmitteln regelt. Ziel war es, den Wildwuchs an Gesundheitsversprechen einzudämmen und für Verbraucher ein hohes Schutzniveau zu schaffen, denn Gesundheitsversprechen sind nach der Verordnung nur noch dann zulässig, wenn sie auch eingehalten werden.
Unzulässige Aussagen stellen nicht nur einen Verstoß gegen die Health Claims Verordnung dar, sondern können auch als wettbewerbsrechtlicher Verstoß abgemahnt werden.

Was Online-Händler bei der Werbung mit gesundheits- und nährwertbezogenen Angaben beachten müssen, um kein Abmahnrisiko einzugehen, haben wir in diesem Beitrag zusammengefasst.

 

1.)  Hauptregelungsinhalt der Verordnung

Die Health Claims Verordnung regelt die Anforderungen an die Angabe nährwert- und gesundheitsbezogener Aussagen bei Lebensmitteln und sieht vor, dass diese nicht falsch oder irreführend sein dürfen. Wer behauptet, sein Saft, sein Joghurt oder seine Vitamintabletten helfe gegen dieses oder jenes, muss das auch wissenschaftlich belegen können.

Generell ist die Verwendung nährwert- und gesundheitsbezogener Angaben für Lebensmittel nur zulässig, wenn:

  • die angegebene Wirkung allgemein anerkannt wissenschaftlich nachgewiesen ist
  • die genannte Substanz im Produkt in ausreichender Menge vorhanden (oder nicht vorhanden) ist um die behauptete Wirkung zu erzielen
  • die genannte Substanz in einer Form vorliegt, die für den Körper verfügbar ist
  • die übliche Verzehrmenge des Produkts geeignet ist die angegebene Wirkung zu erzielen
  • die Angabe sich auf das verzehrfertige Lebensmittel bezieht.

Online-Händler müssen die HCVO ebenso beachten wie die Hersteller der Produkte, da die Verordnung jeden betrifft, der innerhalb der EU Lebensmittel in den Verkehr bringt und bewirbt.

2.)  Gesundheitsbezogene Angaben

Gesundheitsbezogene Angaben sind Informationen, die auf den Einfluss des Produkts auf die Gesundheit hinweisen, z.B. „leicht bekömmlich“ oder „gut für die Verdauung“.

Für gesundheitsbezogene Angaben gilt das sog. Verbotsprinzip mit Erlaubnisvorbehalt. Danach sind gesundheitsbezogene Aussagen grundsätzlich verboten, es sei denn sie befinden sich auf der Liste, die von der Europäischen Kommission erstellt wurde.

Die Europäische Kommission hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit beauftragt zu prüfen, was hinter den Werbeslogans steckt und welche der Versprechen tatsächlich wahr sind. Auf dieser Grundlage erstellte die EU-Kommission eine Liste mit den zulässigen gesundheitsbezogenen Aussagen. Damit soll sichergestellt werden, dass die Aussagen keine täuschungsrelevanten Unter- oder Übertreibungen enthalten.

Die Liste der zulässigen gesundheitsbezogenen Angaben findet sich seit dem Jahr 2012 unter folgendem Link :

EU-VO Nr. 432/2012 .

Sie wurde seither ergänzt und kann aktuell auf der Webseite der EU-Kommission abgerufen werden.

Zulässig nach der Liste sind z.B. folgende Aussagen:

  • „Magnesium trägt zur Verringerung von Müdigkeit und Ermüdung bei.“
  • „Eisen hat eine Funktion bei der Zellteilung.“
  • „Vitamin C erhöht die Eisenaufnahme.“

Weiterhin sieht die HCVO vor, dass gesundheitsbezogene Angaben nur gemacht werden dürfen, wenn bestimmte Hinweispflichten beachtet wurden. Erforderlich ist, dass die Kennzeichnung oder Werbung eines Lebensmittels folgender Informationen erfolgt:

  • einen Hinweis auf die Bedeutung einer abwechslungsreichen und ausgewogenen Ernährung und einer gesunden Lebensweise,
  • Informationen zur Menge des Lebensmittels und zum Verzehrmuster, die erforderlich sind, um die behauptete positive Wirkung zu erzielen,
  • ggf. einen Hinweis an Personen, die vermeiden sollten, dieses Lebensmittel zu verzehren und
  • einen geeigneten Warnhinweis bei Produkten, die bei übermäßigem Verzehr eine Gesundheitsgefahr darstellen könnten.

Ob die Hinweise auch in der Werbung erfolgen müssen oder nur auf dem Produkt anzubringen sind, ist derzeit noch nicht höchstrichterlich entschieden. Das OLG Koblenz hat jedoch entschieden (Urteil v. 20.06.2012), dass die Hinweise auch in der Werbung für das Produkt erfolgen müssen.

3.)  Krankheitsbezogene Angaben

Krankheitsbezogene Angaben sind solche Aussagen, die einen bestimmten Stoff mit der Reduzierung eines Krankheitsrisikos oder der Vorbeugung einer körperlichen Dysfunktion in Verbindung bringen. Diese Angaben sind nur zulässig, wenn sie auf Antrag nach einem behördlichen Zulassungsverfahren (geregelt in Art. 15- Art.18) genehmigt wurden.

Zulässig ist beispielweise folgende Aussage:

„Die Verwendung ungesättigter Fettsäuren anstelle gesättigter Fettsäuren in der Ernährung senkt/reduziert nachweislich den Cholesterinspiegel im Blut. Ein hoher Cholesterinwert gehört zu den Risikofaktoren der koronaren Herzerkrankung. Die Angabe darf nur für Fette und Öle verwendet werden.“

Eine Übersicht der zugelassenen und abgelehnten Anträge können unter folgenden Links abgerufen werden:

4.)  Nährwertbezogene Angaben

Nährwertbezogene Angaben sind solche Hinweise auf Lebensmitteln, die dem Verbraucher besonders positive Eigenschaften des Produkts suggerieren, z.B. „zuckerfrei“ oder „fettarm“.

Die Health Claims Verordnung schafft Klarheit, was die nährwertbezogenen Angaben betrifft und sieht u.a. folgendes vor:

  • Produkte mit dem Hinweis energiereduziert müssen mindestens 30 % weniger Energie enthalten als vergleichbare Lebensmittel.
  • Der Angabe light bzw. leicht kommt dieselbe Bedeutung zu wie reduziert, d. h. mindestens 30 % weniger Energie- oder Nährstoffgehalt.
  • Die Angabe „Fettarm“ ist nur zulässig, wenn das Produkt weniger als 1,5 g Fett pro 100g bzw. 100 ml enthält.

Diese und weitere nährwertbezogene Angaben wie „hoher Proteingehalt“, „reich an Vitamin C“ sind als verbindliche Definitionen für 24 unterschiedliche Nährwertangaben im Anhang der Verordnung aufgeführt.

Die nährwertbezogenen Angaben sind nur erlaubt, wenn sie die im Anhang aufgeführten Bedingungen erfüllen, sich auf allgemein akzeptierte wissenschaftliche Erkenntnisse stützen und durch diese abgesichert sind.

5.)  Unzulässige Werbeaussagen

Online-Händler, die entweder die Werbeaussage des Herstellers des Produkts übernehmen oder mit einer eigenen Aussage für das Produkt werben möchten, müssen dabei beachten, dass der Werbende die Darlegungs- und Beweislast für eine gesundheitsfördernde Eigenschaft eines Produkts trägt, wenn diese in der HCVO nicht aufgeführt ist.

Es gilt der Grundsatz: Was in der Health Claims Verordnung nicht ausdrücklich vorgesehen ist, hat im Zweifelsfall der Werbende zu beweisen.

Viele deutsche Gerichte haben sich schon mit der Problematik gesundheitsbezogener Werbeaussagen auseinandergesetzt und mussten entscheiden, welche Versprechen zulässig sind und welche nicht. Hier finden Sie eine Zusammenstellung einiger wichtiger Urteile aus diesem Bereich:

Lebensmittel:

Detox: „Detox“ ist eine nicht zulässige gesundheitsbezogene Werbeaussage für einen Kräutertee. Die Bezeichnung „Detox“ werde von Verbrauchern im Sinne einer entgiftenden Wirkung verstanden. Eine solche Wirkung sei weder belegt noch als gesundheitsbezogene Angabe zugelassen (LG Düsseldorf, Urteil vom 22.05.2015).

Bekömmlich:Bier darf nicht mit der Aussage„bekömmlich“ beworben werden. Bei alkoholischen Getränken sei eine derartige gesundheitsbezogene Aussage nicht erlaubt (OLG Stuttgart, Urteil vom 03.11.2016).

Ebenfalls unzulässig nach der HCVO sind Aussagen wie „besonders nach dem Essen – für den Magen – er tut einfach gut“, Wohlbefinden für den Magen“, „Garantie für höchste Bekömmlichkeit“ bei der Bewerbung eines Kräuterlikörs. Dies entschied in einem anderen Verfahren das OLG Düsseldorf (Urteil vom 23.03.2010).

Generell gilt, dass zu Getränken mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent keine gesundheitsbezogenen Angaben gemacht werden dürfen.

Probitotisch: Die gesundheitsbezogene Aussage „probiotische Joghurts wirken positiv auf das Immunsystem“ ist nicht zulässig. Dieses Gesundheitssprechen wurde gar nicht erst nicht auf die Liste der Europäischen Kommisssion mit den zulässigen Gesundheitsversprechen aufgenommen. Ebenfalls nicht auf die Liste aufgenommen und damit verboten sind u.a. folgende Werbeversprechen:

  • Kinderschokolade hilft beim Wachsen
  • Roiboos enthält Antioxidantien
  • Schwarzer Johannisbeersaft stärkt das Immunsystem
  • Calcium unterstützt den Stoffwechsel
  • Koffein hilft bei der Fettverbrennung

Nahrungsergänzungsmittel:

Vitalstoffe: Die Werbeaussage  „über 7000 Vitalstoffe“ ist unzulässig. Dies hat das das OLG Hamm mit Urteil vom 30.04.2013 entschieden. Ein Online-Shopbetreiber, der ein Nahrungsergänzungsmittel in Form von Gerstensaft vertrieb, wurde von einem Verbraucherschutzverband abgemahnt, weil er das Produkt damit bewarb, dass es „über 7000 Vitalstoffe“ enthielte und damit das „vitalstoffreichste Lebensmittel der Welt“ sei. Das OLG entschied, dass dies zu unspezifisch sei und wissenschaftlich nicht nachweisbar sei, wie dies von der HCVO verlangt werde.

Omega-3-Fettsäuren:

Hersteller eines Nahrungsergänzungsmittels dürfen nicht damit werben, dass die in seinem Produkt enthaltenen Omega-3-Fettsäuren die Leistungsfähigkeit von Kindern deutlich steigern könnten. Dies entschied das LG Frankfurt am Main (Urteil vom 01.07.2016).

6.)  Fazit

Online-Händler sollten ihre Artikelbeschreibungen hinsichtlich gesundheits- und nährwertbezogener Aussagen bzw. hinsichtlich der Beweisbarkeit der getroffenen Aussagen überprüfen und im Zweifel problematische Aussagen entfernen. Aussagen, die nach der HCVO zulässig sind, sollten nicht abgeändert werden. Es besteht sonst das Risiko, dass die Aussage irreführend wird. Wer sich nicht streng an die Vorgaben der HCVO hält, riskiert, kostenpflichtig abgemahnt zu werden.