Online-Händler, die eine kostenpflichtige 0180- Nummer für ihren Kundenservice eingerichtet haben, dürfen keine Extrakosten für Anliegen, die einen Vertrag betreffen, verlangen.
Dies hat aktuell der EuGH entschieden (Urteil vom 02.03.2017).

 

Was war geschehen?

Ein Online-Händler, der Elektro- und Elektronikartikel vertreibt, gab auf seiner Webseite eine kostenpflichtige 0180-Nummer an, die für den Kundenservice verwendet wurde.
Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs sah darin eine unlautere Geschäftspraxis und klagte vor dem LG Stuttgart auf  Unterlassen dieser Geschäftspraxis. Die Wettbewerbszentrale war der Auffassung, es liege ein Verstoß gegen § 312a Abs.5 S.1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) vor. Danach darf für einen Anruf bei einer Service-Hotline keine höhere Gebühr anfallen als das übliche „Entgelt für die bloße Nutzung des Telekommunikationsdienstes“.

Auslegung des Begriffs „Grundtarif“

Grundlage für diese Regelung ist die EU-Verbraucherrechterichtlinie (RL 2011/83/EU). In der Richtlinie ist geregelt, dass ein Unternehmer nicht mehr als den Grundtarif zahlen muss, wenn er mit einem Unternehmer im Zusammenhang mit einem bereits geschlossenen Vertrag telefonisch Kontakt aufnimmt. Der  Begriff „Grundtarif“ ist in der Richtlinie jedoch nicht definiert.

Das LG Stuttgart, vor dem der Rechtsstreit zunächst verhandelt wurde, hat die Frage, wie der Begriff „Grundtarif“  auszulegen ist, dem EuGH zur Entscheidung in einem Vorabentscheidungsverfahren vorgelegt.

Die Entscheidung

Die Luxemburger Richter äußerten sich zu dieser Frage nur in Hinblick auf solche Fälle, in denen Verbraucher bereits einen Vertrag mit dem Unternehmen abgeschlossen haben. Andere Zusatzkosten für 0180-Nummern spielten in dem Verfahren keine Rolle.

Der Begriff „Grundtarif“ entspräche im gewöhnlichen Sprachgebrauch den Kosten für einen gewöhnlichen Anruf. Die Kosten eines Anrufs unter einer gewöhnlichen Festnetznummer oder einer Mobilfunknummer dürfen nicht überstiegen werden.

Hohe Kosten sollen Verbraucher nicht abschrecken

Der EuGH entschied, dass eine kostenpflichtige Nummer, die über den Grundtarif hinausgeht, Verbraucher davon abhalten könnte, sich über ihren Vertrag (z.B. hinsichtlich ihrer Gewährleistungsrechts oder ihres Widerrufsrechts) zu informieren. Der Schutzzweck der Verbraucherrechterichtlinie bestehe aber gerade darin, ein hohes Verbraucherschutzniveau zu gewährleisten und Rechtssicherheit für Verbraucher auch bei Vertragsfragen zu schaffen. Diese kostenpflichtigen Nummern sind daher europarechtswidrig und damit unzulässig, so der EuGH.

Bedeutung der Entscheidung

Das Urteil ist eine erforderliche Klarstellung, durch die der Begriff „Grundtarif“  aus der Verbraucherrechterichtlinie endlich definiert wird.

Auch wenn die Entscheidung des EuGH unmittelbar zunächst nur für das Gerichtsverfahren vor dem LG Stuttgart gilt, gibt sie die Auslegung der Verbraucherrechterichtlinie vor und wird sich im Ergebnis auf alle Händler auswirken, die als Kundenhotline für bestehende Verträge eine kostenpflichtige Service-Rufnummer verwenden.

Fazit
Um Abmahnungen zu vermeiden, sollten Online-Händler keine 0180-Nummern mehr für den Kundenservice zu Fragen, die Kunden zu ihren Verträge haben, auf ihren Webseiten verwenden.

Für Fragen zum Vertrag sollten Händler umgehend eine Festnetz-, Mobil- oder sogar eine Gratisnummer für diesen Zweck einrichten.